"Der indische Weg" - Eine Rezension von RB Rameshs "Improve Your Pieces"

von ChessBase
18.04.2024 – Der indische Großmeister RB Ramesh gilt als einer der besten und erfolgreichsten Trainer der Welt, und er hat maßgeblichen Anteil an den vielen Erfolgen der indischen Talente. In dem ChessBase-Kurs "Improve your Pieces" verrät er jetzt seine Schach- und Trainingsphilosophie. Harry Schaack hat sich den Kurs angeschaut und war beeindruckt.

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DER INDISCHE WEG

Von Harry Schaack

Viele Jahrzehnte gab es nur einen Weg, Schach richtig zu lernen: den sowjetischen. Nach dem Zusammenbruch der UdSSR und dem Aufkommen leistungsstarker Schachprogramme ist der Einfluss von Schachschulen geringer geworden. Mit der Zunahme an Weltklassespielern wird in den letzten Jahren jedoch die indische Trainingsphilosophie immer populärer. Einer ihrer Hauptvertreter ist RB Ramesh. Der Großmeister zählt zu den erfolgreichsten Nachwuchs­trainern der Welt. Seit 2008 unterrichtet er in Chennai hunderte Schüler, Dutzende davon sind Jugend-Weltmeister geworden. Zu seinen Schützlingen zählten Harikrishna, Adhiban und Praggnanandhaa. 2023 erhielt Ramesh den Fide Trainer Award sowie den Chess.com Book of the Year Award für sein Buch Improve Your Chess Calculation.

Nun hat Ramesh die DVD Improve your Pieces für ChessBase produziert, auf der er seine durchaus ungewöhnliche Methode vorstellt. Durch die Engines ist das Schach sehr konkret geworden, Ramesh betrachtet das Spiel dagegen von einer Metaebene. Die DVD ist mehr ein Sprechen über Schach und den zugrundeliegenden Denkmustern. Ramesh will die positionellen Gründe für diese oder jene Entscheidung systematisch erfassen. Es geht weniger um konkrete Varianten, als um ein grundsätzliches Verständnis des Spielens, wie man denken soll, welche Stellungs­aspekte relevant sind und wie man auf der Grundlage dieser Beobachtungen zu Kandidaten­zügen und Plänen kommt.

Solche grundsätzlichen Stellungsanalysen mag man auch anderswo finden. Aber Ramesh verfolgt einen ganzheitlichen Ansatz, denn er hinter­fragt kritisch die Identitätskonzepte der Spieler. Wie wird ihr Denken und damit ihre Art Schach zu spielen in bestimmte Bahnen gelenkt. Wenn Jugendliche ein Eröffnungsrepertoire aufbauen, so tun sie das tendenziös, weil sie glauben, sie seien taktisch versiert oder Positions­spieler. Mit solchen Etiketten manipulieren wir unser Wissen. Wir richten unser Spiel nach dem aus, was wir glauben zu sein. „Und damit be­ginnen die Probleme“, kritisiert Ramesh.

Eine seiner wichtigsten Grundsätze ist, den Geist zu öffnen, flexibel zu bleiben, sich nicht zu schnell festzulegen und nichts auszuschließen, weder in einer konkreten Partie, noch bei der eigenen Schachentwicklung.

Eine zentrale Stellung in Rameshs Lehre nimmt die Figurenbeweglichkeit ein. Dafür muss man verstehen, wann Figuren passiv und wann sie aktiv stehen. Ramesh veranschaulicht dies anfangs anhand einfacher Schemata, die zeigen, dass es verschiedene Level der Passivität gibt, die er in A, B und C unterteilt. Damit gibt Ramesh einen Kompass, welche Figuren­stellung man zuerst verbessern soll. Und er demonstriert immer wieder, wie man durch logisches Ausschlussverfahren zum Kandidaten­zug kommt.

Es werden auch abstraktere Themen behandelt, so z.B. wie die Umsetzung von Wissen in die Praxis funktioniert, wie man Dynamik und Statik verstehen muss und dass die meisten Stellungen eine Mischung daraus sind.

Ebenso unterhaltsam wie einprägsam sind Rameshs zahlreiche Analogien aus dem alltäg­lichen Leben, um den Prozess des Lernens und Verstehens verständlich zu machen. „Lernen macht nur dann Spaß, wenn man dabei etwas lernt!“, heißt einer seiner originellen Lehrsätze.
Rameshs feines didaktisches Verständnis bemerkt man bei der Auswahl seiner instruktiven Beispielstellungen. Oft wohnt ihnen etwas Über­raschendes, Verblüffendes inne. Manchmal täuscht der erste Blick, wie bei der Stellungseinschätzung der Partie Renet – Jussupow. Oder der erste Zug in der Ausgangsstellung ist un­erwartet, wie in der Partie Karpow – Schau­wecker.
Man solle sich beim Nachspielen und Analysieren einer Partie stets fragen, wie die Spieler zu ihren Zügen gekommen sind und ob die eigene Denkweise davon abweicht, empfiehlt Ramesh. Beispielsweise kann man von Spitzenspielern lernen, welche positionellen Aspekte sie prä­ferieren. Man wird dann feststellen, dass im modernen Schach die Bauernstruktur und Material geringer bewertet werden als Figurenspiel und Königssicherheit.

Rameshs DVD ist ein leidenschaftliches Plädoyer für ein tieferes Stellungsverständnis in einer von Computern bestimmten Epoche, in der das Schach allzu sehr aus der Perspektive konkreter Varianten betrachtet wird. Das Wissen zu weiten und die Perspektiven zu wechseln sind Ziele seines Trainings. Der große Erfolg im Jugendbereich gibt Rameshs Methode recht. Erst von einer gesunden Basis des Schachverständnisses gelingt die konkrete Umsetzung.

RB Ramesh,
Improve your Pieces –
A winning system you need to know
ChessBase 2024,
DVD oder Download
39,90 Euro

Beispielvideo

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Diese Rezension erschien zuerst im Karl 01/2024. Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung.


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